Das Gespräch ist die Beziehung!

"Das Leben ist schwierig"

So beginnt Scott M. Pecks immer noch sehr lesenswertes Buch „The road less traveled“ (dt. Titel: Der Wunderbare Weg). Wer würde dem widersprechen? Teil dieses schwierigen Lebens sind eben auch schwierige Gespräche. Es ist nicht leicht sie zu führen. Sonst wären sie ja nicht schwierig. Aber das ist kein Grund, sie nicht zu führen. Wir gehen auch zum Zahnarzt, obwohl wir wissen, dass das unangenehm werden kann. Denn wir wissen auch: Auf lange Sicht wäre alles andere unvernünftig. Scott M. Peck schlägt im Umgang mit Problemen vor, dass wir uns in Disziplin üben und darin, Belohnungen aufzuschieben. Beides seien Elemente des Reifungsprozesses, der uns zu erwachsenen Menschen werden lässt. 

Ich glaube, das stimmt. Und ich glaube auch, dass es ebenso auf den Umgang mit unseren Beziehungen und damit auch auf unseren Umgang mit Konflikten zutrifft. Unsere Aufgabe ist es, hier ganz genauso den Umgang mit schwierigen Gesprächen und den Umgang mit Konflikten erst einmal zu erlernen. Wir müssen lernen, besser, authentischer, zielorientierter – anders gesagt: reifer und erwachsener mit ihnen umgehen.

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Schweigen belastet

Was aber passiert, wenn wir das nicht tun? Wenn wir Konflikten ausweichen? Wenn wir das klärende Gespräch nicht suchen? Wenn wir uns verstecken und hoffen, dass alles schon von selbst wieder gut werden wird?

„Das Gespräch ist die Beziehung“, ist ein Zitat aus dem sehr lesenswerten Buch „Fierce Conversations“ von Susan Scott. Was sie damit meint ist, unsere Beziehungen nicht etwas sind das losgelöst von unserer Kommunikation existiert. Die Gespräche, die wir führen, aber eben auch die, die wir nicht führen, weil wir sie vermeiden, diese Gespräche gestalten nicht nur unsere Beziehung, sie sind die gelebte Beziehung. Wenn zwei Menschen offen und authentisch miteinander sprechen können, dann ist eben auch ihre Beziehung offen und authentisch. Wenn die Kommunikation zwischen Ihnen gehemmt ist, sie von Tabus und blinden Flecken durchsetzt ist, dann ist trifft das genauso auch auf ihre Beziehung zu.

Wenn wir in einer Beziehung das Gespräch verstummen lassen, weil ein Konflikt auf ihr lastet, sei es aus Scheu, Rücksichtnahme, Diskretion oder aus Angst vor Verlust, dann verstummt auch ein Teil dieser Beziehung. Wir können also nicht ein Problem nicht ansprechen und gleichtzeitig erwarten, dass dieses Schweigen, dieses Ver-Schweigen keinen Einfluss auf die Beziehung hat.

Nicht der Konflikt ist das Problem. Nicht er belastet die Beziehung.

Wir sind es selbst.

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Bumerang

Wenn wir uns selbst einen Maulkorb verpassen, wenn wir faule Kompromisse eingehen, wenn wir Dinge hinnehmen, die wir eigentlich nicht hinnehmen wollen, nur um den Konflikt zu vermeiden – um damit unsere Beziehung schützen zu wollen, dann erreichen wir das Gegenteil.

Denn diese Haltung hat ihren Preis. Wir verlieren Authentizität, denn wir können nicht mehr unbefangen und offen mit dem anderen sprechen. Wir sind unaufrichtig, denn wir enthalten dem anderen wichtige Informationen über die Qualität unserer Beziehung vor. Man könnte sogar sagen, dass wir überheblich sind, vielleicht sogar übergriffig, weil wir uns anmaßen, alleine und für den anderen mit zu entscheiden, was in einer Beziehung angesprochen werden darf und was nicht.

Die Qualität unserer Beziehungen hängt ab von dem Maß an Aufrichtigkeit, dass wir bereit sind uns gegenseitig zuzumuten. Wir sollten mit ihnen sorgsam und bedacht umgehen und nicht jedem Fluchtreflex nachgeben.

Denn die Qualität unserer Beziehungen bestimmt unser Leben!

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Es kommt auf uns an!

Natürlich ist es leichter, sich vor den Fernseher zu setzen oder in sein Smartphone zu starren. Hier will niemand etwas von uns. Niemand missversteht uns. Niemand reagiert sonderbar. Es gibt keine Störungen.

Sehr angenehm. Auf die Dauer führt das aber in die Einsamkeit. Das ist der Preis für die Ruhe vor den Problemen und dem Stress, den wir mit anderen manchmal haben: Wir verlieren unsere Beziehungen.

Umgekehrt gilt das Gleiche. Stecken wir in einer Beziehung, die wir als belastend empfinden, die uns nicht oder nicht mehr gut tut, und wir vermeiden, das zum Thema zu machen, dann können wir uns aus dieser Situation nicht lösen. Es braucht dazu ein Gespräch.

Wenn wir das nicht wollen, wenn wir ein Leben führen wollen, das reich an sozialen Kontakten ist, die uns gut tun, dann müssen wir etwas für unser Beziehungen tun. Wir müssen uns ihnen widmen. Und das mit allem was wir haben, mit unserer gesamten Persönlichkeit. Als ganze Menschen. Und das gilt natürlich auch für die Gespräche, die wir führen. Denn diese Gespräche formen unsere Beziehungen. Sie SIND unsere Beziehungen, wie Susan Scott schreibt.

 

"Ich find Dich toll!"

Daher sollten wir uns fragen: Welches Leben wollen wir führen? Welche Gespräche sollten wir dann führen? Und wie sollten sie führen? Strategisch, manipulativ, defensiv und unaufrichtig? Oder offen und authentisch?

Keine Bange. Es geht hier ja nicht nur um Konflikte. Es gibt ja Gott sei dank auch angenehme Themen. Und mit diesen können wir üben. 

Aber leider zeigen wir auch hier oft eine Scheu, die nur schwer zu verstehen ist: Wir sparen mit Lob, mit Anerkennung und verleihen den positiven Gefühlen, die andere in uns auslösen oft keinen Ausdruck. Wir behalten das für uns. Vielleicht weil wir befangen sind? Dabei wissen wir es doch so viel besser. Wir wissen ganz genau, wie gut sich Lob und Wertschätzung anfühlen. Wie gut es uns tut, wenn wir von anderen hören, dass Sie uns schätzen, mögen, lieben. Warum nur gönnen wir uns davon gegenseitig  so wenig?

Wenn wir also nicht einsam sein wollen, wenn wir uns Kontakt, Wertschätzung, Freundschaft und Liebe in unserem Leben wünschen, dann müssen wir eigentlich nur dieses eine Tun: echte Gespräche führen, von mir aus auch begleitet von einem Gefühl der Angst. Auch die gehört dazu. Auch sie ist normal.

Denn: Mut ist nicht handeln ohne Angst, sondern trotz Angst.

München 2019

Literatur:

Susan Scott, Fierce Conversations: Achieving Success at Work and in Life One Conversation at a Time, 2004

Scott M. Peck, The Road Less Traveled, zu erst erschienen 1978

 

 
Foto von Korney Violin gefunden auf Unsplash

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